System Trading – Divsifikation ist Trumpf

Jeder professionelle Trader versucht, einen statistischen Vorteil in seinen Trading-Märkten zu finden, um diesen dann für sich zu nutzen. Der System-Trader geht noch einen Schritt weiter und versucht, den gefundenen statistischen Vorteil in eine stark formalisierte Routine zu überführen. Nicht selten ist das Ziel eines System-Traders, einen  Algorithmus zu finden und dazu ein entsprechendes Computerprogramm zu schreiben, um seine formalisierten Trading-Setups vollständig an den Computer zu delegieren. Das Problem an der Sache ist aber, dass vor allem beim kurzfristigen Trading ein gefundener statistischer Vorteil nicht ewig bestehen bleibt, da sich die Finanzmärkte in einem ständigen Wandel befinden. Für einen System-Trader bedeutet dies vor allem, dass er sich vor „Systemabstürzen“ schützen muss, die ihn begleiten werden, solange er diese Art des Tradings betreibt. An diesem Punkt kommt für ihn die Diversifikation ins Spiel.

Für Systementwickler gibt es im Internet unzählige Quellen für Ideen und Strategien. Aber leider ist die Informationslage ungleich verteilt. Zum Low-Frequency-Bereich gibt es sehr viel an Informationen und Setups zu finden, während die Informationslage für den Mid- und High-Frequency-Bereich eher mager ist. Für eine gute Performance und zugleich ein gut diversifiziertes System-Portfolio ist aber gerade der schnelle Trading-Bereich unverzichtbar. Denn zu einseitig im Low-Frequency-Bereich aufgestellte Systemportfolios können lange und tiefe Drawdowns produzieren, die teilweise durch eine smarte Diversifikation in den verschiedenen Anlageklassen abgemildert werden können – aber eben nur teilweise. Für einen professionellen Trader ist dies keine gute Option, wenn er sein Trading als laufende Einkommensquelle anlegt. Im Falle eines privaten Traders ist der Mid-Frequency-Bereich deshalb umso wichtiger, da in der Regel der gesamte High-Frequency-Bereich für ihn kaum umsetzbar sein dürfte. Beim Hochfrequenzhandels sind die extremen Anforderungen für eine wettbewerbsfähige Infrastruktur das Hauptproblem. So setzen viele High-Frequency-Systeme auf Co-Location-Standorte, was nichts anderes bedeutet, als das die Computer und Server direkt neben der Börse stehen, an der gehandelt werden soll, um die Übertragungszeiten auf ein Minimum zu reduzieren. Denn beim High Frequency Trading geht es in aller Regel um Geschwindigkeit bei der Übermittlung von Orders. Schneller zu sein als andere Marktteilnehmer ist bei dieser Art des System-Tradings der statistische Vorteil.

Bild 1 zeigt, wie eine Diversifikationsstruktur für den systematischen Handel angelegt werden könnte. Die einzelnen Kästchen stellen die Zielsetzung des entwickelten Systems dar. Wenn man zum Beispiel eine Trendfolgestrategie heranzieht, dann könnte die Absicht dahinter stehen, den  Bereich „Low-Frequency“ und „Starke Trendphasen“ zu bestücken. Die Zielsetzung bei einem Trading-System, also jeweils ein Kästchen aus Bild 1, besteht demnach aus der Trading-Frequenz und der Marktphase, für die der statistische Vorteil gilt. Die Trading-Frequenz bezieht sich auf die durchschnittliche Haltedauer eines Trades. Durchschnittliche Haltedauern, die größer sind als eine Stunde, zählen in unserem Beispiel zum Low-Frequency-Bereich, während Trades, die im Durchschnitt nur Sekunden bis 60 Minuten im Markt verbleiben, im Mid-Frequency-Trading angesiedelt werden. Alles unterhalb von einer Sekunde an durchschnittlicher Haltedauer zählt der Autor zum High-Frequency-Trading. In unserem Beispiel eines Systemportfolios wurde bei der Zielsetzung auch der gesamte Bereich der ruhigen Seitwärtsphasen ausgeschlossen. Der Grund ist hier, dass ruhige Seitwärtsmärkte in den verschiedenen Zeitebenen für direktionale Trader aus Sicht des Autors uninteressant sind. Für Optionsstillhalter (Verkäufer einer Option), Arbitrage Trader (kurzfristige Kursunterschiede zwischen den Märkten werden ausgenutzt) und High Frequency Trader sähe das vielleicht anders aus.

Der Einstieg in ein System-Portfolio

Für Einsteiger stellt sich hier natürlich die Frage, wie viele Systeme sinnvollerweise mindestens im Portfolio sein müssen, um gut diversifiziert zu sein. Wenn wir jedes Kästchen in unserem Schaubild mit mindestens einem System besetzen, dann wären es in unserem Fall sechs Systeme. Man hätte aber keine Systemreserve, und demnach keine tiefe Diversifikationsstruktur, geschaffen. Denn unser Portfolio-Ausschlusskriterium ist, wenn ein System seinen ihm zugestandenen Drawdown überschreitet. In diesem Fall braucht man Ersatz, wenn die Diversifikationsstruktur weiter aufrechterhalten werden soll. Wenn man eine Stufe höher geht und jeden einzelnen Zielsetzungsbereich mit zwei Systemen bestückt, dann bräuchte man schon mindestens zwölf Strategien. Von daher könnte ein System-Portfolio von 12 bis 15 Trading-Systemen, von denen mindestens sechs live gehandelt werden, ein gutes Ziel sein.

Fallstricke auf dem Weg zum System-Portfolio

Ein großer Fehler unerfahrener System-Trader könnte sein, dass die Systeme nicht gut aufeinander abgestimmt sind. Oder anders formuliert, man sollte schon bei der Ideengenerierung darauf achten, dass man im Vergleich mit seinen besten Systemen möglichst unkorrelierte Strategien sucht. Ein Beispiel wäre eine Gap-Trading-Strategie (auf Basis von Kurslücken) für Aktien mit einer Forex-News-Trendfolgestrategie zu mischen. Wenn sich ein System-Trader zum Beispiel am maximalen Drawdown orientiert, den ein einzelnes System in der Vergangenheit produziert hat, dann braucht er die Möglichkeit, seine Positionsgrößen optimal zu stückeln. Nur dann können die verschiedenen Handelsfrequenzen auf einen Nenner gebracht werden. Hier kann man große Fehler machen, denn schließlich muss man es schaffen, gänzlich unterschiedliche Strategien gleichzuschalten. Deshalb sollte man sich zu Beginn an eine Gleichgewichtung mittels des maximalen Drawdowns halten. Diese Verfahrensweise besagt nichts anderes, als dass wir allen Systemen des Portfolios das gleiche absolute Risikokapital zuteilen. Das erwähnte News-Trading-System hat zum Beispiel, bezogen auf die letzten vier Jahre, einen maximalen Drawdown von minus 5000 US-Dollar bei einer gehandelten Positionsgröße von einem Lot (Lot ist eine Standard Größeneinheit im Währungshandel; ein Lot entspricht 100 000 Einheiten der Basiswährung) im EUR/USD-Spot-Kontrakt. Wenn der maximale Drawdown aus der Vergangenheit überschritten wird, dann wird das News-Trading-System aus dem aktiven Portfolio genommen. Es kann auch ein Multiple des maximalen Drawdowns angewendet werden, um dem Trading-System mehr Spielraum zu geben. Wenn wir jetzt 25.000 US-Dollar in diese Trading-Strategie investieren wollen, dann müssten wir die jeweiligen Positionsgrößen verfünffachen, also jeweils fünf Lots handeln. Wollten wir nur 2500 US-Dollar riskieren, dann müssten wir die Positionsgrößen halbieren und wären fast schon am Down-Sizing-Ende angekommen, nämlich bei fünf Mini-Lot-Kontrakten. Fast uneingeschränktes Vergrößern und Verkleinern der Positionsgrößen geht leider nur bei wenigen Anlageklassen. Wenn man ein gut diversifiziertes System-Portfolio aufbauen will, dann sollte ein Konto schon im fünfstelligen Bereich liegen. Ansonsten wird man keine ausreichend gute Diversifikation in den unterschiedlichen Anlageklassen und eine Gleichgewichtung der einzelnen Systeme erreichen können.

Fazit

System-Trading ist ein Prozess, der laufenden Input seitens des Traders benötigt. Die beschriebene Diversifikationsstruktur muss nun vom Trader mit guten und robusten Ansätzen aufgefüllt werden. Dazu braucht es Zeit und wahrscheinlich viel Erfahrung. Aber wer ein gut diversifiziertes Trading-System-Portfolio aufbauen kann, für den könnte ein regelmäßiges Einkommen mittels Trading in Reichweite gelangen.

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